Viele stahlverarbeitende Unternehmen beziehen ihren Stahl nicht am Spotmarkt zu Tagespreisen, sondern über Laufzeitverträge mit halbjährlicher oder jährlicher Preisfestsetzung. Die Preisänderungen im Vertragsgeschäft werden normalerweise von der Entwicklung des Spotmarktes seit der vorigen Preisvereinbarung und den Erwartungen für die folgende Vertragslaufzeit bestimmt. Während sich der Spotmarkt insbesondere bei Flachprodukten seit einigen Wochen schwach zeigt und die Preise fallen, haben sich die Preisforderungen für neue Kontrakte des Jahres 2022 nur wenig bewegt. Offenbar streben viele Stahlhersteller eine Entkopplung der Vertragspreise von aktuellen Spotmarktentwicklungen an. Wie überzeugend sind die dafür angeführten Gründe?
Stahlmarkt Consult Blog
In meinem Stahlmarkt-Blog befasse ich mich mit Neuigkeiten aus der Stahlmarkt-Welt und analysiere Trends und Marktentwicklungen.
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2021
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Die USA und die EU haben sich Ende Oktober auf ein Stahlhandelsabkommen geeignet. Die Neuregelung löst ab Januar 2022 die seit 2018 für Stahlexporte aus der EU in die USA geltenden „Section 232“- Maßnahmen ab. Für die Stahlindustrie der EU ergeben sich zweifellos Verbesserungen. Erwartungen an eine deutliche Exportsteigerung oder gar an einen kurzfristigen Exportboost, der am EU-Markt für neue Knappheiten sorgen könnte, sind aber übertrieben. Grund dafür sind nicht nur die Detailregelungen des Abkommens, sondern auch die aktuell schon erreichten Exportmengen und allgemeine Trends im Stahlaußenhandel der EU.
Schon seit mehreren Wochen deuten einige Faktoren, die die Stahlreise bis zur Jahresmitte auf ein undenkbar hohes Niveau getrieben hatten, auf eine Abschwächung hin. Bisher haben die deutschen Stahlpreise dem Abwärtsdruck noch recht gut widerstanden. Angesichts der im Sommer erreichten Preisstände und des immer noch rekordhohen Abstands der Stahlpreise zu den Rohstoffkosten sind die bisherigen Rückgänge am Spotmarkt für Lang- und Flachprodukte als äußerst moderat anzusehen. Grund dafür waren immer noch hohen Auftragsbestände und lange Lieferzeiten vieler Werke. Aufgrund der guten Auslastung war es kaum erforderlich, größere Preiszugeständnisse zu machen. Es ist wahrscheinlich, dass sich dies nun ändert. Denn die Nachfragesituation muss neu bewertet werden.
Bei vielen Stahlerzeugnissen war im Sommer eine Beruhigung der Spotmarktpreise zu beobachten. Bei Flachprodukten kam es zu geringfügigen Rückgängen, bei Langprodukten ist zumindest der Aufwärtstrend der Vormonate ins Stocken geraten. Lediglich am Rostfrei-Markt steigen die Preise unvermindert deutlich an und Einkäufer sind auf der verzweifelten Suche nach Material. Bei der Versorgung insgesamt kann zwar keine Entwarnung gegeben werden, aber die Verfügbarkeit hat sich im Vergleich zu den Zuständen im 2. Quartal etwas gebessert. Marktteilnehmer fragen sich nun, ob es im Herbst zu einer deutlichen Entspannung kommen wird. In der Tat sprechen nun mehrere Faktoren für eine bevorstehende Preisabschwächung. Eine dafür nötige Voraussetzung ist aber noch nicht erfüllt.
Mit der neuerlichen Verschärfung der Klimaziele gewinnt die Diskussion um den Umbau zur klimaneutralen Stahlerzeugung an Konturen. Die Stahlerzeuger haben ihre Forderungen auf den Tisch gelegt, die Politik in Berlin scheint weitgehend folgen zu wollen. Der kürzlich vorgelegte „fit for 55“-Plan der EU erfüllt zwar nicht alle Wünsche. Aber auch in Brüssel wird die Stahlindustrie als schützenswerte Schlüsselbranche angesehen. Die Belange der europäischen Stahlverarbeiter kommen in der Diskussion erstaunlich wenig vor. Dabei kann die Transformation ohne Einbeziehung der Kunden nicht gelingen. Für wettbewerbsfähige Wertschöpfungsketten muss der Staatseinfluss begrenzt bleiben.