Die europäischen Stahlhersteller scheitern offenbar erneut mit dem Versuch, merklich höhere Stahlpreise zu erzielen. Wie schon mehrfach im Vorjahr, scheinen auch die im Januar 2014 für Flachstahl angekündigten Erhöhungen von 30,- bis 40,- €/t größtenteils zu verpuffen. Im Februar sind die Flachstahlpreise am Spotmarkt allenfalls leicht angestiegen. Ein klarer Aufwärtstrend der Preise hat sich nicht eingestellt. Preiserhöhungen im angekündigten Umfang scheinen nicht erreichbar. Bei im Elektroofen hergestellten Langprodukten sind die Preise in den vergangenen Wochen sogar unter Druck geraten.
Grund dafür ist vor allem der anhaltende Rückgang der Rohstoffpreise. Am internationalen Schrotmarkt sind die Preise seit dem Jahresanfang um ca. 50,- $/t gefallen. Auch in Deutschland sind die Schrottpreise zuletzt unerwartet stark gesunken. Die Eisenerzpreise liegen aktuell auf dem niedrigsten Stand seit Juli 2013, bei Kokskohle wurde dieses Niveau unterschritten. In meinem auf Spotmarktpreisen basierenden Rechenmodell ergibt sich für die Rohstoffkosten der Hochofenroute ein Rückgang um fast 20,- €/t gegenüber Dezember 2013. Im Monatsmittel werden die Rohstoffkosten im Februar vermutlich den tiefsten Stand seit Ende 2009 erreichen.
Die Nachfrageentwicklung am deutschen Stahlmarkt war in den ersten beiden Monaten des Jahres leicht positiv. Nach Angaben der Wirtschaftsvereinigung Stahl lag der Auftragseingang der deutschen Werke im Januar um 1% höher als im Vorjahr und erreichte den höchsten Stand seit zwei Jahren. Allerdings ist ein echter Nachfrageschub nicht erkennbar, zumal im Februar bereits wieder von einer nur verhaltenen Geschäftsentwicklung gesprochen wurde. Am internationalen Stahlmarkt war der Preistrend im Februar überwiegend negativ. Insgesamt scheinen die Nachfrageeffekte nicht stark genug, um merklich höhere Stahlpreise durchsetzen zu können. Allerdings führen bei sinkenden Rohstoffkosten auch stabile Stahlpreise zu besseren Margen.
Insgesamt erwarte ich bei Flachstahl in den kommenden beiden Monaten keine stärkeren Preisbewegungen, da sich derzeit Nachfrage- und Kosteneffekte zu neutralisieren scheinen. Je nachdem, welcher Effekt in den kommenden Wochen die Oberhand behält, könnten sich kleinere Preisbewegungen nach oben oder unten einstellen. Auf den Rohstoffmärkten finden sich derzeit kaum Zeichen für eine Trendwende zum Besseren. Offen ist, wie lange die Stahlwerke bei niedrigeren Rohstoffkosten zu ihren erhöhten Angebotspreisen stehen werden. Es bleibt zudem abzuwarten, ob im Frühjahr eine deutliche Nachfragebelebung einsetzt.
Bei Grobblechen hat sich die Auslastung durch Großprojekte aus dem Rohrbereich insgesamt verbessert. Dies könnte den Herstellern dabei helfen, die Preise etwas anzuheben. Dies gilt vor allem bei höheren Güten und Abmessungen. Preiserhöhungen im zuletzt angekündigten Umfang von durchschnittlich 30,- €/t scheinen aber zu ambitioniert.
Die Preise der im Elektroofen hergestellten baunahen Langprodukte sind durch den unerwartet starken Rückgang der Schrottpreise im Februar und den intensiven Importwettbewerb unter Druck geraten. Ein weiterer Preisrückgang scheint bei diesen Erzeugnissen daher möglich.
Informationen und Prognosen zur Stahlpreisentwicklung am deutschen Markt enthält mein monatlich erscheinender Informationsdienst „Stahlpreis-Trend“ – wie immer kompetent und unabhängig.
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